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Boehringer-Maschinen „en miniature“


Bericht über das besondere Hobby von Herrn Pfarrer Michael Rau aus Herbrechtingen

Mit einem Anruf bei Herrn Böhringer, Chef unserer Garagenschrauber, begann es. Michael Rau wurde über unsere Internetseiten auf unsere Maschinensammlung aufmerksam. Er meldete sich bei Herrn Böhringer mit der Bitte, unsere älteste Drehmaschine aus dem Jahre 1881 vermessen und fotografieren zu dürfen. So erfuhren wir von seinem interessanten Hobby und haben ihm diese Möglichkeit natürlich gerne gegeben.

 

Herr Rau ist Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde Herbrechtingen. Für ihn stellt dieses Hobby einen idealen Ausgleich zu seiner Arbeit mit den Menschen seiner Gemeinde dar. Herr Rau ist in dieses Hobby „so reingewachsen“. Sein Vater war Techniker bei der Fa. Voith in Heidenheim und er konnte einfach alles: Holz- und Metallarbeiten, Elektrik, Mauern usw. Natürlich waren dafür dann auch die entsprechenden Werkzeuge und Maschinen in seiner Werkstatt vorhanden. So lernte Herr Rau sehr früh und sehr viel von seinem Vater.  Als er mit 14 Jahren nach einem Projekt für die Werk-AG der Schule suchte, schlug ihm sein Vater den Nachbau der Blaubeurener Hammerschmiede vor. Beide sind sonntags dann zum Vermessen der Hammerschmiede nach Blaubeuren gefahren und haben heimlich 

Stuart-Beam Dampfmaschine (Ähnliche Original-Maschinen wurden um 1860 gebaut)

die Grundmaße genommen. Das Übersetzen der Skizzen in eine exakte technische Zeichnung lernte Herr Rau dann auch gleich von seinem Vater, der natürlich auch ein Zeichenbrett besaß. Es hat dann ca. 3-4 Jahre gedauert, bis die Blaubeurener Hammerschmiede fertig wurde, aber die Begeisterung und Freude für dieses Hobby war geweckt. So entdeckte Herr Rau dann in der Schulbibliothek in Heidenheim einen Bericht über englische Gussteilesätze zum Bau einer Stuart-Beam-Dampfmaschine. Sein Vater hat ihm diesen Gussteilesatz dann bestellt. Doch durch das Theologie-Studium und mangels eigener Werkstatt blieb dieses Projekt dann aber vorerst unbearbeitet.

Erst seit der ersten festen Pfarrstelle und der dann möglichen kleinen Werkstatt lebte das Hobby wieder auf und die Stuart-Beam-Dampfmaschine wurde im Maßstab 1:12 vollendet. Sie ist um das Jahr 1860 datiert ist und voll funktionsfähig. Was liegt dann näher, als der Dampfmaschine ihrer eigentlichen Aufgabe zuzuführen. So entstand als nächstes Modell eine Ständer-Bohrmaschine, die aus einem Gussteilesatz der Fa. PM-Research aufgebaut wurde.  Die Ständer-Bohrmaschine ist um 1890 datiert und soll in der zukünftigen Werkstatt das jüngste Modell sein. Der Antrieb der Bohrmaschine erfolgt über Transmissionsriemen durch die vorher fertiggestellte Stuart-Beam-Dampfmaschine.

Hinzu kam dann eine Boehringer Hobelmaschine (Shaping-Maschine). Diese Hobelmaschine wurde aus einem Gusssatz von Franz Enzfelder gebaut und einer Boehringer-Maschine aus dem Jahre 1874 nachempfunden.

Modell der Hobelmaschine (Baujahr Original 1874)

Eine vergleichbare Hobelmaschine aus dem Jahr um 1910 ist auch in unserer Maschinensammlung an der Hermannstraße ausgestellt und innerhalb unseres „Transmissionsriemen-Ensembles“ voll funktionsfähig vorführbereit. Das Original des Modells von Herrn Rau steht im österreichischen Museum Stehrerhof (Neukirchen/ Vöckla). Auf YouTube  kann dem Modell der Hobelmaschine im Maßstab 1:12 bei der Arbeit zugeschaut werden.

Ständer-Bohrmaschine (Baujahr um 1890)
Leitspindeldrehmaschine (Baujahr 1881), ausgestellt in der Maschinen-sammlung des Göppinger Technikforums e.V.

Das nächste Projekt von Herrn Rau ist der Nachbau „unserer“ Boehringer-Drehmaschine aus dem Jahre 1881. Sie ist das älteste Exponat in unserer Maschinensammlung mit der exakten Bezeichnung „Leitspindeldrehmaschine“. Sie hat eine Standfläche von 2800 mm x 800 mm und ein Gewicht von 1.500 kg. Wie oben erwähnt, besuchte Herr Rau unsere Maschinensammlung, um die Drehmaschine zu vermessen und zu fotografieren.  Aus diesen Informationen entstehen derzeit die Zeichnungen für den Nachbau im Maßstab 1:12. Dieses Modell wird das Diorama einer historischen Schauwerkstatt aus der Zeit

von 1860 bis 1890 komplettieren. Es wird kein Teilesatz eines Anbieters sein, sondern tatsächlich ein kompletter Nachbau aus selbst angefertigten Einzelteilen. Umso mehr verdient Herr Rau unseren Respekt.

Diorama einer historischen Werkstatt

In unserer Maschinensammlung haben wir ebenfalls verschiedene Modelle real gebauter Drehmaschinen ausgestellt. Diese Modelle wurden in den Ausbildungswerkstätten der Fa. Boehringer von Lehrlingen angefertigt und sind dadurch zusätzlich wichtige Zeitzeugen aus der Geschichte der Fa. Boehringer.

Aus diesem Kontakt zu Herrn Rau haben wir erst die Aufmerksamkeit auf die Gruppe der Werkzeugmaschinen-Modellbauer gewonnen. Hieraus könnten interessante Projekte und Kooperation entstehen.

Übrigens: Herr Rau ist in seiner Gemeinde ebenso kreativ engagiert. Hier eine kleine Kostprobe:    Rap-Psalm 27   

(Text: Joachim-Walter Drews; Fotos: Michael Rau, Susanne Rauh)

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